Damals
Die nachfolgende Schilderung ändert nichts, aber schon auch gar nichts daran, dass ich das brunzverreckte Ostdeutschenpärchen aus der Wohnung über mir am liebsten heute Abend noch zurück ins Erzgebirge prügeln würde. Also sofort. Unverzüglich.
Am 12. November 1989 hatte ich in der ersten Stunde Geschichte-Grundkurs bei der Frau Deimann. Leistungskurs ist leider keiner zammgangen, weil die Schule war klein und die beschissenen sieben Arschlöcher aus der Französisch-LK-Fraktion hatten sich seinerzeit durchgesetzt.
Rückblickend ist das gar nicht so uninteressant. Den Geschichte-LK hätte nämlich der Herr Overbeck übernommen. Eine zwiegespaltene Figur, wie ich heute sagen würde. Strammer CSUler (fand ich ja damals noch toll, uninfiltriert, wie ich war) und ziemlich streng. Überzeugter Kapitalist mit einem Touch Erzreaktionärstum, wie die CSU-Provinzfürstlein nicht nur im Oberfränkischen auch heute noch sind. Einer, der die Springergänsefüßchen bei der DDR tatsächlich mit ausgesprochen hat. Einer, der in der zehnten Klasse Aufsätze schrieben ließ wie diesen: "Was ist die Mehrheit! Die Mehrheit ist der Unsinn! Verstand ist stets bei Wen´gen nur gewesen. Verteidigen Sie unsere Demokratie gegen diese Worte Schillers."
Irgendwie war er dennoch einer der besten Deutsch- und Geschichtelehrer, die jemals auf mich losgelassen wurden. Und: Aus irgendeinem seltsamen Grund mochte er mich, der Herr Overbeck. Und ganz ehrlich: Ich mochte ihn auch.
Hätten sich die Scheiß-Französisch-LK-Leute seinerzeit nicht durchgesetzt, dann wäre die Grundkursgeschichtsstunde bei der Frau Deimann also ausgefallen, und stattdessen hätten wir LK beim Herrn Overbeck gehabt. Und der hätte uns an diesem 12. November ganz gewiss eine großartige Vorlesung über den glorreichen Sieg über die Ostdiktatoren gehalten, gespickt mit Zitaten Rousseaus, Jeffersons - und vor allem Adenauers. Er hätte auch ganz gewiss schon vom Einmarsch der sozialen Marktwirktschaft in die Ostzone gesprochen, voller Eifer und Zuversicht - obwohl er natürlich ganz genau wusste, dass Kohl, das feiste, selbstverliebte Schwein, und seine liberalen Nichtskönner auch die alte Bundesrepublik des Jahres 1989 schon komplett heruntergewirtschaftet hatten. Und am Ende der Stunde hätte er uns wahrscheinlich aufstehen lassen, damit wir gemeinsam das Deutschlandlied anstimmen.
Aber wie gesagt, das ist ja alles nicht passiert. Die Saubaggage vom Französisch-LK hatte sich durchgesetzt, Geschichte-LK gabs keinen. Und wir saßen bei der jungen Referendarin Frau Deimann im Grundkurs. Die war damals wohl höchstens 27. Sie kam rein, stellte ihre Tasche aufs Pult, setzte sich drauf und fragte, wer am Abend vorher Nachrichten gesehen hatte. Und dann erzählte sie - und ihre Augen wurden dabei tatsächlich feucht - dass sie vor der Tagesschau saß und geheult hat.
Am 12. November 1989 hatte ich in der ersten Stunde Geschichte-Grundkurs bei der Frau Deimann. Leistungskurs ist leider keiner zammgangen, weil die Schule war klein und die beschissenen sieben Arschlöcher aus der Französisch-LK-Fraktion hatten sich seinerzeit durchgesetzt.
Rückblickend ist das gar nicht so uninteressant. Den Geschichte-LK hätte nämlich der Herr Overbeck übernommen. Eine zwiegespaltene Figur, wie ich heute sagen würde. Strammer CSUler (fand ich ja damals noch toll, uninfiltriert, wie ich war) und ziemlich streng. Überzeugter Kapitalist mit einem Touch Erzreaktionärstum, wie die CSU-Provinzfürstlein nicht nur im Oberfränkischen auch heute noch sind. Einer, der die Springergänsefüßchen bei der DDR tatsächlich mit ausgesprochen hat. Einer, der in der zehnten Klasse Aufsätze schrieben ließ wie diesen: "Was ist die Mehrheit! Die Mehrheit ist der Unsinn! Verstand ist stets bei Wen´gen nur gewesen. Verteidigen Sie unsere Demokratie gegen diese Worte Schillers."
Irgendwie war er dennoch einer der besten Deutsch- und Geschichtelehrer, die jemals auf mich losgelassen wurden. Und: Aus irgendeinem seltsamen Grund mochte er mich, der Herr Overbeck. Und ganz ehrlich: Ich mochte ihn auch.
Hätten sich die Scheiß-Französisch-LK-Leute seinerzeit nicht durchgesetzt, dann wäre die Grundkursgeschichtsstunde bei der Frau Deimann also ausgefallen, und stattdessen hätten wir LK beim Herrn Overbeck gehabt. Und der hätte uns an diesem 12. November ganz gewiss eine großartige Vorlesung über den glorreichen Sieg über die Ostdiktatoren gehalten, gespickt mit Zitaten Rousseaus, Jeffersons - und vor allem Adenauers. Er hätte auch ganz gewiss schon vom Einmarsch der sozialen Marktwirktschaft in die Ostzone gesprochen, voller Eifer und Zuversicht - obwohl er natürlich ganz genau wusste, dass Kohl, das feiste, selbstverliebte Schwein, und seine liberalen Nichtskönner auch die alte Bundesrepublik des Jahres 1989 schon komplett heruntergewirtschaftet hatten. Und am Ende der Stunde hätte er uns wahrscheinlich aufstehen lassen, damit wir gemeinsam das Deutschlandlied anstimmen.
Aber wie gesagt, das ist ja alles nicht passiert. Die Saubaggage vom Französisch-LK hatte sich durchgesetzt, Geschichte-LK gabs keinen. Und wir saßen bei der jungen Referendarin Frau Deimann im Grundkurs. Die war damals wohl höchstens 27. Sie kam rein, stellte ihre Tasche aufs Pult, setzte sich drauf und fragte, wer am Abend vorher Nachrichten gesehen hatte. Und dann erzählte sie - und ihre Augen wurden dabei tatsächlich feucht - dass sie vor der Tagesschau saß und geheult hat.
rationalstürmer - 9. Nov, 19:28
Pecas - 10. Nov, 07:23
schnitzel
Es war ein emotionaler Augenblick. Deutsche Einheit! Was für ein bullshit! Es waren Tränen der Verwirrung. Einheit und Irrtum gehen für gewöhnlich Hand in Hand, deshalb gibt es sie eimerweise und so gut wie ohne Ende. Einheit kommt nie vor und nirgends, höchstens als Einheit der Ganzheit, die aber nur die - trickreich - als solche bezeichnen können, die wissen, dass man nicht Einheit dazu sagen kann. Niemand erfasst dieses schöne Unfassbare, der nicht den Irrtum kennt, der mit dem Begriff Einheit versucht, den Irrtum selbst klammheimlich darin zu subsummieren - was dann korrekt keine Einheit mehr ist.
Leider heisst das nicht, dass wenn du einem Kind einen Eimer oder Etikettenschwindel schenkst, es sich nicht gleich freut wie ein Schnitzel.
Leider heisst das nicht, dass wenn du einem Kind einen Eimer oder Etikettenschwindel schenkst, es sich nicht gleich freut wie ein Schnitzel.
rationalstürmer - 10. Nov, 22:45
Ein emotionaler Augenblick. Ganz recht.
St. Burnster - 10. Nov, 15:49
Eine historische Arschkarte fürwahr. Dein overalles geliebter Überbeck hätte dir in dieser entscheidenden Stunde das Rüstzeug zum zukünftigen Verteidigungsminister geben können, dann hättst du im Alleingang ein paar Jahrzehnte später die Ossis eigenhändig mit der Scheisshausbürschtn wieder naushaun können. Aber so:(
rationalstürmer - 10. Nov, 23:12
Am End könnens die Schwarzen halt auch net. Und so muss ich mich hier ganz allein und völlig unministrabel mit den Ossis rumplagen.
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