Aus Probierien

Sonntag, 21. Januar 2007

Ansichtskarten aus Probierien - Abgehackte Schweinefüße

Ich hab das ja in der ersten Folge meiner Ansichtskarten aus Probierien schon ganz behutsam durchklingen lassen: Dieses Probierien, das ist ein fröhliches Land der sympathischen Ekelhaftigkeiten und für Leute, deren Magennerven eher zarten Saiten gleichen, steht es sicherlich nicht ganz oben auf der Buchungsliste für den nächsten Sommerurlaub.

Dennoch möchte ich auch diesmal allen Lesern und Leserinnen wieder freudig und Mut machend zurufen: Verwerft, was euch euer überzivilisiertes Leben als genießbar vorlügt! Vergesst die Diktatur des Antiseptischen, unter deren Knute euch die Werbung klein und unwissend hält! Fegt den entmündigenden mega-urbanen Food-Styler-Mist hinaus vor die Tür und wagt den beherzten Kopfsprung in den gut gefüllten Teller des Nicht-Alltäglichen!

Ich verspreche, es wird sich auch diesmal wieder lohnen. Und so heißt es folglich abermals: Auf nach Probierien!


abgehackte-schweinefuesse

Eines der unauslöschlichsten Bilder, das ich aus der unbekümmerten Kindheit in der kleinstädtischen fränkischen Provinz in die traurige und von allen Träumen auf Besserung in jedweder Hinsicht leer gepumpte Wirklichkeit von heute retten konnte, ist ein blutbesprenkelter alter Putzeimer, in dem meine Oma vom Linders Guich, dem wunderbarsten und nettesten Metzger des ganzen Ortes, Sauschwänzel, - füße und -ohren nach Hause getragen hat. Wenn die Oma diesen Eimer in der Küche stehen hatte, dann hieß das, dass es Sülze geben würde. Wobei niemand von uns jemals darauf gekommen wäre, diese wunderbare Speise "Sülze" zu nennen. Bei uns war des a Sulzn und basta.

Von der Sulzn will ich jetzt aber gar nicht erzählen. Heute soll es nur um die Schweinefüße gehen, genauer gesagt, um die Pfoten. Also jene Gliedmaßen, welche diese ebenso nahr- wie schmackhaften Paarhufer mit Gottes herrlichem Erdboden verbinden, auf dass sie nicht auf die Schlachtbank getragen werden müssen. Und auch, wenn beim Bild des blutigen Schweineteileeimers eine weitere wunderbare Erinnerung vor meinem inneren Auge auftaucht - nämlich der Anblick meiner Oma, wie sie mit blutigen Händen am Guss (das war bei uns ein altes Waschbecken aus Eisen, ursprünglich einmal emailliert und schon arg zerschunden, im hinteren Teil des Hauses, wo ganz früher mal der Kuhstall war) steht und einem Täubchen nach dem anderen mit einem Schneiddeiferla den Hals durchschneidet - will ich mich wirklich um Beschränkung bemühen und mich auf die Schweinsfüße konzentrieren. Wobei - das noch - die Tauben fast eine eigene Geschichte wert wären. Ein andermal vielleicht.

Heutzutage dreht sich ja alles ums Geld, vor allem dann, wenn man keins hat, und damit sind wir schon beim ersten großen Plus der abgehackten Schweinefüße: Die Dinger sind supergünstig zu haben, selbst wenn man sie bei einem richtigen Metzger kauft. Trotzdem schlendere ich ja sehr gerne auch an den Fleischregalen der großen Supermarktketten entlang, und das nicht, weil mir der Zeiger so sehr nach dem hormon- und antibiotikaverseuchten Dreckszeug aus der Fleischindustrie steht, bei dem man eigentlich vor Scham über verlorenen Respekt, Achtung und Ehrfurcht vor der Mitkreatur auf der Stelle im Erdboden versinken müsste und wofür sich zum Beispiel Werner Schnappauf selber einmal ein paar Wochen lang in so einen Laden eingesperrt gehörte . Aber ich liebe es nun einmal, an Geschlachtetem vorbeizuflanieren, ich fühle mich aus allertiefstem inneren Antrieb heraus unglaublich hingezogen zu kopfüber aufgehängten Stallhasen, zu hübsch angerichteten hohläugigen Schweineköpfen, zu halben Lämmchen und zu Innereien. Zu Innereien ganz besonders. Und da die wunderbare Tradition der Markthallen in diesem Land leider der Vergangenheit angehört und man stattdessen auf Besserverdiener-Bussibussi-Bio-Event-Scheißdreck wie die unsägliche Schrannenhalle in München oder die Stuttgarter Markthalle setzt und ich nicht jedesmal, wenn ich ein erst kürzlich herausgeschnittenes Rinderherz, eine saftig-dicke Ochsenzunge, die samtig-dunkelrot glänzende Leber einer Kuh oder ein Schüsserl voll Hühnermägen sehen will, nach Valencia oder sonstwohin fliegen kann, verschaffe ich mir diese Befriedigung eben im Supermarkt. Das ist jetzt kein unbedingter Hochgenuss, aber es ist auch nicht komplett scheiße.

Jetzt bin ich doch ein wenig ins Schwärmen geraten, Entschuldigung. Die Schweinefüße, ich weiß schon. So günstig sie in der Anschaffung sind, so einfach ist auch ihre Zubereitung. Man braucht eigentlich nicht recht viel mehr als ein wenig Suppengemüse, also Sellerie, Lauch und Gelbe Rüben. Ich nehme dazu noch zwei, drei Zwiebeln und gut eine halbe Knolle Knoblauch. Ein Lorbeerblattl darf auch dabei sein. Das Ganze kommt dann samt der Schweinefüße (die unten rein) in einen großen Topf und wird großzügigst mit Wasser bedeckt. Die Zwiebeln halbiere oder viertle ich, lasse die Schale aber dran, das gibt eine hübsche Farbe. Kennt man ja vom Ostereierfärben. Auch den Knoblauch schäle ich nicht, sondern schlage nur einmal mit der flachen Hand drauf und gebe ihn so dazu. Was später den Vorteil hat, dass er zwar durchgekocht ist, aber nicht gänzlich die Form verliert und wunderbar gebraten werden kann.

Das alles lasse ich jetzt erst einmal ordentlich aufkochen, bevor es - ruhig zwei Stünderl - gemütlich vor sich hin simmern darf. Das Fleisch soll hernach praktisch fast von selber vom Knochen runterfallen. Währenddessen kann man beispielsweise von einer in der Mitte noch fast rohen Leber träumen, die man vorsichtig in Butter gebraten hat und dann mit gerösteten Zwiebeln und selber gestampftem Kartoffelpürree anrichtet. Oder vielleicht auch in Gedanken Herz, Lunge und Zunge für ein Beuscherl in feine Streifen schneiden und sich vorstellen, wie man so am Herd steht und allerbester Laune vor sich hin werkelt, während hinter einem die Liebste mit ihren wunderbaren Händen den Teig für die Semmelknödel durchmanschkert.

Wenn man die Zeit dann so oder anders verbracht hat, kommt der zweite Teil. Als Suppeneinlage (grauenhaftes Wort eigentlich) sind die abgehackten Schweinefüße ja viel zu schade. Deswegen kommen die jetzt zusammen mit den Zwiebeln und dem Knoblauch raus und tropfen ein bisschen ab. Für die Suppe selbst würden sich Griasnockerl ganz ausgeprochen gut eignen. Kann man dann am nächsten Tag machen. Bisserl abschmecken noch, die Suppe, eh klar. Die Saufüßerl hingegen kriegen sogleich noch gscheit Pfeffer und Salz und wandern zusammen mit die Zwieberl und dem jetzt gehäuteten Knoblauch in eine Pfanne, in der ich ein ordentliches Löfferl voll Butterschmalz erhitzt habe. Da ist jetzt Vorsicht geboten, weil das knackt und brutzelt und spritzt gar lustig, aber heutzutage gibts ja a) eh kaum noch einen Genuss ohne Gefahr und b) lohnt es sich wie Sau. Muss man halt aufpassen.

Wenn alles von allen Seiten schee resch aussabratn ist, kommts auf einen Teller und darf verspachtelt werden. Messer und Gabel sind übrigens nur bedingt zu empfehlen, die Knöcherl und Flaxerl zaust man am besten mit den Händen ab. Was ich ganz passend finde, weil schließlich isst man ja da auch Hände, sozusagen. Ein Seiterl Bier dazu kann überhauptst nie schaden und unbedingt auch eine Brezn, sofern man nicht in einer Brezndiaspora wohnt. Und mei, die Vegetarier soin hoid des Suppengmias fressn, dann kimmt des aa weida. Mahlzeit.

Montag, 31. Juli 2006

Ansichtskarten aus Probierien - Blutiger Auswurf

Die Reise nach Probierien ist in dem Sinn gar keine Reise. Aufs Kofferpacken kann getrost verzichtet werden, das Bügeleisen darf an und die Pässe ruhig auf dem Küchenbüffet liegen bleiben.

Probierien ist überall, und obgleich ich selbst ab und an ein ganz klein wenig erschrecke über das, was einem dort so passiert, kann ich doch sagen, dass es ein schönes Land ist. Man erlebt viel, wenn man nur offen genug ist und das Leben Leben sein lässt. Und ein bisschen von dem, was sich so alles ereignet, will ich ab jetzt in loser Folge erzählen. Es wäre mir ein Herzensanliegen, wenn ich damit - und sei es nur ganz manchmal - der geneigten Leserschaft eine kleine Anregung geben könnte, doch selbst auch einmal den Schritt zu wagen und mit mir auszurufen: Auf nach Probierien!


Blutiger Auswurf

Nun habe ich es ja in der Überschrift schon verraten, das Ansichtskartenmotiv könnte man mit ein wenig Phantasie durchaus als blutigen Auswurf ansehen.

Die Raucher oder die Lungenkranken unter Ihnen werden vielleicht vertraut sein mit diesem Anblick, der sich ab und an als das schaurige Ergebnis fürchterlichster Hustenkrämpfe im Taschentuch bietet, nachdem man sich, röchelnd und mit beinah platzendem Schädel und mehr als einmal den dabei auftretenden grauenhaften Würgeanfällen nachgebend, endlich des Auswurfs entledigen konnte, der einen da geplagt hat und erschöpft, aber glücklich und erleichtert die grausige Frucht in das blütenweiße Zellstofftüchlein spuckt, bevor man es - nach ausführlicher Untersuchung mit dem Zeigefinger und der Nase - ins Klosett entsorgt.

Doch weit gefehlt. Es handelt sich hierbei nämlich keineswegs um das erschreckende Zeugnis jahrelangen Zigarrettenkonsums oder der Schwindsucht. Was Sie hier sehen, liebe Leser, und ich darf das sagen, ohne mich der Schleichwerbung schuldig zu machen, sind die durchaus gustiösen Haribo Saftbären.

Denn es ist doch wirklich zutiefst langweilig und eintönig, diese Fruchtgummileckereien einfach so von der Hand in den Mund zu stopfen, wo man so viel mit ihnen anstellen kann. Und so habe ich, beseelt von der großen Lust auf Neues, die Entdeckung gemacht, dass sich gerade die Saftbären herrlich dazu eignen, sie in der Morphologie zu verändern, bevor man sie verspeist. Etwas weicher als die normalen Gummibärchen und daher äußerst wandelbar, kann man sie auf das Trefflichste zwischen den Fingern kneten. Wer wie ich ein passionierter Nasenpopler ist, wird das großartige Gefühl zur Gänze auszukosten wissen und eintauchen können in die haptische Sensation, die es bereitet, etwas zwischen den Fingern zu zwirbeln und zerreiben, kleine Knödelchen und Würstchen und henry-moore-hafte Skulpturen zu modellieren und sich daran wie ein Kind zu freuen, das gerade einen Berg Geschenke ausgepackt hat.

Die Konsistenz der Saftbären ist zwar nicht von der sagenhaften Glibbrigkeit jener Sorte Popel, die ganz hoch droben noch die Flimmerepitheln kitzeln, obwohl man sie schon gut fünf Zentimeter aus dem Nasenloch gezogen hat, dafür aber bietet - vor allem, wenn man verschiedenfarbige Bärchen zusammennimmt - die klebestoppende Beschichtung aus Bienen- und Karnaubawachs einen ganz anderen, einen beinah erotischen Reiz. Wie ein Weib, das sich ziert, wollen auch sie zunächst nicht recht miteinander warm werden. Erst durch langes und ausdauerndes Bearbeiten verschwindet die vereinigungshemmende Wachsschicht wie von Geisterhand. Und irgendwann ist dann der magische Moment erreicht, in dem das Zeug zu kleben beginnt und man zusammenfügen kann, was zusammen gehört.

Das Ergebnis dieser beharrlichen und beherzten Arbeit ist nicht nur eine tiefe Befriedigung über das Geleistete, mit der man sich zu Recht im Sessel zurücklehnen darf, sondern auch eine wunderbare neue Kreuzung von Geschmacksrichtungen. Dass es klebt wie Sau und nicht grad schön aussieht nimmt man dafür gern in Kauf. Zum Nachmachen unbedingt empfohlen.

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Die Frage nach dem Sein.

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Die Beobachtungskamera.

Bist äigschloufm oda...
Bist äigschloufm oda wos? Iwarawal homa in easchdn...
fuxbeck - 1. Jun, 18:33
Nur zu. Immer her mit...
Nur zu. Immer her mit den Kommentaren - selbst wenns...
rationalstürmer - 2. Mär, 21:43
Das mit der Glaubwürdigkeit...
Das mit der Glaubwürdigkeit ist ja eh so eine Sache....
rationalstürmer - 2. Mär, 21:41
Ich hab einen Magen-Darm-Dings,...
Ich hab einen Magen-Darm-Dings, da ist mir ein bisserl...
rationalstürmer - 2. Mär, 21:38
Hahaha, Herr Passenger...
Hahaha, Herr Passenger ... das mit den eigenen Überzeugungen...
rationalstürmer - 2. Mär, 21:36
ja du lieber mein vater
In meiner Erregung sehe ich mich veranlasst, hier -...
Pecas - 2. Mär, 20:47
Das Interview interschien...
Das Interview interschien ja wohl zeitgleich mit der...
stilhäschen - 2. Mär, 20:12
Ach, jetzt bist du plötzlich...
Ach, jetzt bist du plötzlich wieder hier. Da kennt...
St. Burnster - 2. Mär, 20:00
Triebtäter
Forcierte Penisverlängerung (pro Demagogen-Verfassungsdisse rtations-Plagiatseite...
Pecas - 2. Mär, 07:36
Um treffend Lump geziehen...
Um treffend Lump geziehen zu werden, ist der Mann fraglos...
Fellow Passenger - 2. Mär, 01:48

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Dass ich nicht lache.

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Zuletzt aktualisiert: 1. Jun, 18:33

Die Mitschuldigen an dieser garstigen Sammlung von nachgemachtem Ausgekotzten.

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