Montag, 31. Juli 2006

Ansichtskarten aus Probierien - Blutiger Auswurf

Die Reise nach Probierien ist in dem Sinn gar keine Reise. Aufs Kofferpacken kann getrost verzichtet werden, das Bügeleisen darf an und die Pässe ruhig auf dem Küchenbüffet liegen bleiben.

Probierien ist überall, und obgleich ich selbst ab und an ein ganz klein wenig erschrecke über das, was einem dort so passiert, kann ich doch sagen, dass es ein schönes Land ist. Man erlebt viel, wenn man nur offen genug ist und das Leben Leben sein lässt. Und ein bisschen von dem, was sich so alles ereignet, will ich ab jetzt in loser Folge erzählen. Es wäre mir ein Herzensanliegen, wenn ich damit - und sei es nur ganz manchmal - der geneigten Leserschaft eine kleine Anregung geben könnte, doch selbst auch einmal den Schritt zu wagen und mit mir auszurufen: Auf nach Probierien!


Blutiger Auswurf

Nun habe ich es ja in der Überschrift schon verraten, das Ansichtskartenmotiv könnte man mit ein wenig Phantasie durchaus als blutigen Auswurf ansehen.

Die Raucher oder die Lungenkranken unter Ihnen werden vielleicht vertraut sein mit diesem Anblick, der sich ab und an als das schaurige Ergebnis fürchterlichster Hustenkrämpfe im Taschentuch bietet, nachdem man sich, röchelnd und mit beinah platzendem Schädel und mehr als einmal den dabei auftretenden grauenhaften Würgeanfällen nachgebend, endlich des Auswurfs entledigen konnte, der einen da geplagt hat und erschöpft, aber glücklich und erleichtert die grausige Frucht in das blütenweiße Zellstofftüchlein spuckt, bevor man es - nach ausführlicher Untersuchung mit dem Zeigefinger und der Nase - ins Klosett entsorgt.

Doch weit gefehlt. Es handelt sich hierbei nämlich keineswegs um das erschreckende Zeugnis jahrelangen Zigarrettenkonsums oder der Schwindsucht. Was Sie hier sehen, liebe Leser, und ich darf das sagen, ohne mich der Schleichwerbung schuldig zu machen, sind die durchaus gustiösen Haribo Saftbären.

Denn es ist doch wirklich zutiefst langweilig und eintönig, diese Fruchtgummileckereien einfach so von der Hand in den Mund zu stopfen, wo man so viel mit ihnen anstellen kann. Und so habe ich, beseelt von der großen Lust auf Neues, die Entdeckung gemacht, dass sich gerade die Saftbären herrlich dazu eignen, sie in der Morphologie zu verändern, bevor man sie verspeist. Etwas weicher als die normalen Gummibärchen und daher äußerst wandelbar, kann man sie auf das Trefflichste zwischen den Fingern kneten. Wer wie ich ein passionierter Nasenpopler ist, wird das großartige Gefühl zur Gänze auszukosten wissen und eintauchen können in die haptische Sensation, die es bereitet, etwas zwischen den Fingern zu zwirbeln und zerreiben, kleine Knödelchen und Würstchen und henry-moore-hafte Skulpturen zu modellieren und sich daran wie ein Kind zu freuen, das gerade einen Berg Geschenke ausgepackt hat.

Die Konsistenz der Saftbären ist zwar nicht von der sagenhaften Glibbrigkeit jener Sorte Popel, die ganz hoch droben noch die Flimmerepitheln kitzeln, obwohl man sie schon gut fünf Zentimeter aus dem Nasenloch gezogen hat, dafür aber bietet - vor allem, wenn man verschiedenfarbige Bärchen zusammennimmt - die klebestoppende Beschichtung aus Bienen- und Karnaubawachs einen ganz anderen, einen beinah erotischen Reiz. Wie ein Weib, das sich ziert, wollen auch sie zunächst nicht recht miteinander warm werden. Erst durch langes und ausdauerndes Bearbeiten verschwindet die vereinigungshemmende Wachsschicht wie von Geisterhand. Und irgendwann ist dann der magische Moment erreicht, in dem das Zeug zu kleben beginnt und man zusammenfügen kann, was zusammen gehört.

Das Ergebnis dieser beharrlichen und beherzten Arbeit ist nicht nur eine tiefe Befriedigung über das Geleistete, mit der man sich zu Recht im Sessel zurücklehnen darf, sondern auch eine wunderbare neue Kreuzung von Geschmacksrichtungen. Dass es klebt wie Sau und nicht grad schön aussieht nimmt man dafür gern in Kauf. Zum Nachmachen unbedingt empfohlen.

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dieJulia - 31. Jul, 12:18

Ja, das kam jetzt rechtzeitig zur Mittagspause... grad hatte ich noch Hunger und überlegte, was ich denn holen/bestellen/liefern lassen könnte, und dann...

Danke! Wieder Geld gespart. ;-)

rationalstürmer - 31. Jul, 13:20

Vielleicht eine Tüte Gummibärchen, Julie?
dieJulia - 31. Jul, 15:03

Ach, weißt du - als ich an den Punkt mit den Gummibärchen kam, konnte ich schon nimmer aufhören, über blutigen Auswurf und Rotz nachzudenken (wobei Eigenrotz grundsätzlich ja nix Ekeliges ist, da bin ich nicht so, aber Fremdrotz...).

Mir ist eigentlich noch immer ein bisserl schlecht.
Aber nur ein bisserl.
rationalstürmer - 31. Jul, 15:41

Ein bisserl schlecht? Na, da sag ich doch nur:

Wem heit ned schlecht is,
Des kaunn ka Guata sein,
Wer no net gspiebm hat,
Trinkt no a Glaserl Wein


Mir gehts übrigens beim Lesen auch die ganze Zeit so. Es hält einen ein bisschen ab, über Gummibärchen nachzudenken, weil man ständig an die gut gefüllten Spucknäpfe aufm Zauberberg erinnert wird.

Was ich aber nicht ganz versteh: Warum erzählen heut alle Frauen, dass sie kein Problem mit dem Eigenrotz haben? Habt ihr da irgendwie sowas damit wie wir Männer mit dem Abseits oder so???
dieJulia - 31. Jul, 21:49

Mein lieber Rationalstürmer!

Du würdest gar nicht glauben, in welcher nachgerade inbrünstig zu nennenden Verzückung auch ausgewachsene Weibchen deiner Spezies imstande sind, ihr Riechorgan zu erforschen. Das einmal zum einen.

Zum anderen: was zur Hölle ist ein Abseits?

Zum dritten: jaja, der Woiferl. Wödklasse!, wie die Wahlwienerin sagt.

Zum vierten (kleiner Vorschlag für deinen durchaus sehr interessanten rationalstürmerischen Forschungsdrang): mach doch mal was gelblich-grünes, das an eine richtig schöne Nebenhöhlenentzündung erinnert! Aber bitte um kurze Vorwarnung... vielleicht so, daß man das Foto nicht auf den ersten Blick sieht, oder so. Hähä.
rationalstürmer - 1. Aug, 00:13

Zum Riechorgan, Julie: Dochdoch, mir schwant schon sowas. Stutzig gemacht hat mich eigentlich nur die Eigenrotzgschicht, aber es ist ja auch wahr. Zum Abseits sag ich nix, du wüst mi doch eh nur pflanzn.

Zu deinem Vorschlag mit der Nebenhöhlenentzündung: Grandios, bin ich natürlich sofort dabei. Jetzt mangelt es mir aber leider (oder glücklicherweise, wie mans halt nimmt) an jeglicher Erfahrung mit Nebenhöhlenmalaisen. Das wäre aber an sich nicht weiter schlimm, weil meine liebe Ex-Mitbewohnerin Muddi sozusagen auf Nebenhöhlenentzündungen ein lebenslanges Abonnement hat. Die könnt ich sicher fragen, wie sowas gelblich-grünes en detaille auszusehen hat. Es kommt aber leider noch schlimmer: Die Süßwarenhersteller arbeiten ja heutzutage kaum noch mit anständiger Chemiefarbe, was zur Folge hat, dass das herrliche Grün des Gummibärchens unserer Kindertage jetzt in keiner Haribotüte mehr zu finden ist. Die Problematik ist also eher technischer Natur. Nichtsdestotrotz gelobe ich aber hiermit, mir was einfallen zu lassen.
neo-bazi - 31. Jul, 12:40

Da war ich auch schon, wollt ich nur sagen, in diesem Probierien. Als Seemann kommt man ja doch einigermaßen herum.

Deshalb auch gleich noch einen exotischen Tipp: da jetzt einen Schluck Coca Cola drüber und ein bischn stehen lassen. Du wirst dich wundern.

rationalstürmer - 31. Jul, 13:23

Gell Edi, da gibts was zum sehen. Dass du meinen kleinen Reisebericht zu würdigen wüsstest, hab ich zwar im Innersten schon erfühlen können, aber die Freude darüber ist trotzdem eine ganz herzliche.

Und die Gallertfreuden, die die Cola-Kombination verursacht, hab ich natürlich längst kennengelernt :-)
Au-lait - 31. Jul, 19:39

Ähnlich appetitlich sah's auch bei mir schonmal aus. Da waren's nur Tomaten, glaube ich. :)

rationalstürmer - 1. Aug, 00:04

War das jetzt ironisch mit dem appetitlich? Dabei sieht doch dein Tomatenopus wirklich zum Reinbeißen aus. Naja, eher zum reinschlabbern, aber immerhin.
zeichensatz - 31. Jul, 22:30

Und essen Sie das dann? Oder wurde "es" nur für's Bild auf einen Teller drapiert?

rationalstürmer - 1. Aug, 00:19

Ja glauben Sie etwa, ich veranstalte dieses ganze Theater nur, um dann ein Foto davon zu machen und es ins Internet zu stellen? Natürlich esse ich es dann. Oder schnippen Sie Ihre Popel einfach so zum Fenster raus?

Leicht offtopic: Dennoch eine sehr wertvolle Frage, für die ich mich herzlich bedanken möchte. Sie erinnert mich nämlich an eine japanische Fotokünstlerin (so muss man es wohl nennen und deren Name mir leider entfallen ist). Diese hat verschiedenste Speisen zuerst gegessen, um sie gleich anschließend wieder auszukotzen. Und zwar in einen Teller. Das ganze Zeugs war wirklich liebevoll angerichtet, mal mit einem Basilikumblatt oder etwas Schnittlauch dekoriert, sah echt lecker aus, und man wäre nicht im Traume drauf gekommen, dass das tätsächlich Kotze, pardon, Erbrochenes ist. Ich lege allerdings Wert auf die Feststellung, dass ich in meinem Falle das Foto vor dem essen gemacht habe.
Au-lait - 1. Aug, 00:46

Och, ich mag beides. Irgendwie. Muss ja auch nicht alles lecker aussehen. Wenn's gut schmeckt, ist mehr als die Hälfte gewonnen. Das Auge kann man, wenn es nicht mitessen soll, ja vergnügt umherschweifen lassen derweil. :)

rationalstürmer - 1. Aug, 07:09

Das war jetzt wahrlich salomonisch, Ole.
bittersweet choc - 1. Aug, 01:08

was ihnen alles so einfällt, herr rationalstürmer. ich bin begeistert. aber
ich werde garantiert keine saftbären ankauen und zerdrücken. schlucken "is the thing"!

rationalstürmer - 1. Aug, 07:09

Hihi. Jaja. Schlucken is the thing. Natürlich.

.

Die Frage nach dem Sein.

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Bist äigschloufm oda wos? Iwarawal homa in easchdn...
fuxbeck - 1. Jun, 18:33
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rationalstürmer - 2. Mär, 21:43
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rationalstürmer - 2. Mär, 21:41
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rationalstürmer - 2. Mär, 21:38
Hahaha, Herr Passenger...
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Pecas - 2. Mär, 20:47
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