Freitag, 1. September 2006

Vertretung

Reibe

Liebe Verehrerinnen und Verehrer rationalen Sturm und Drangs,

Ich sags Ihnen gleich - er ist nicht da. Er hat mir gestern die Schlüssel in die Hand gedrückt, Servus gesagt und mach halt was und weg war er. Rumänien, die Nierengeschichte, genau. Getrampt, klar. Ist am billigsten. Zurück wollt er aber mit dem Zug. Dann scheppert ja auch wieder das Sparschwein. Das mit der Niere geht in der Regel zügig. Warten ja viele drauf, also die wird gleich raus- und wieder reingebaut.
Ich erzähl euch jetzt was. Sonst kippt das hier noch in Heulerei um. Davon wollt er nichts wissen, der Rational. Weil hey – eine Niere reicht aus. Wenn man viel Wasser trinkt.

Folgende Geschichte ist mir eingefallen weil mein bester Freund auch am 31. August Geburtstag hat wie der Rational. Die Geschichte hat keine 23 Metaebenen und ist auch nicht vor 10 Jahren passiert. Die war letztes Jahr. Genauso.

Mein bester Freund Johannes kocht. Er kocht mit seiner Freundin und so einem Engländer, der das von einem Buch aus dirigiert. Der Engländer aus dem Buch kocht so arg gut dass er anderen sagen kann wo es lang geht. Kochmäßig jetzt. Nimm mal da ein Pfund Mehl und da eine Handvoll Rosinen. Ich selbst kenn den Mann jetzt nicht aber er findet Käsereiben beinahe existenziell. Da solch ein Geschenk leicht zu beschaffen ist und keinesfalls Eifersucht provoziert ist es geradezu ideal für meine Absichten einer Geburtstagsüberraschung.

Eine gute Freundin sagt: In Charlottenburg, *strasse, da gibt’s die Reiben. Ich find die kultig. Die sehen genauso aus wie im echten Italien. In rot und in weiß gibt’s die. Gut denk ich, *strasse ist nicht so lange, ich werd das schon finden.


Station I: Bvlgari
Am Anfang der *strasse steht das noblige Bvlgari Hauptquartier von Berlin. Mit Säulchen im Eingangsbereich, goldenen Blumen, Glitzer Larifari und 2 Bewachern. Die sehen aus als ob in ihren Armani Anzügen hinten Knarren stecken. Man kann sehen, dass die das bewachen weil bisschen wild schauen die, also man könnt sagen Armani Wilde.
Da das die ersten Menschen sind, die mir über den Weg laufen und ich es eilig habe stelle ich mich vor die hin und sage: Also, ich suche ein Geschäft mit Käsereiben. Sie kennen sich hier nicht aus sagen die. Na toll denke ich, wenn ein Verbrecher die Bude hier klar macht dann haben die keine Ahnung, in welche Richtung die Jagd gehen soll. Ich unterhalt mich trotzdem mit denen weil die nett sind und das nehm ich mal mit wenn ich schon in der Stadt bin.

Station II: Kaschmir Klamotten Laden
Als nächstes geh ich in ein Bekleidungsgeschäft wo alles aus Kaschmir ist. Außer die Einrichtung natürlich. Bevor ich den Mund aufmachen kann kommt eine Frau auf mich zu. Eine Mischung aus Frau und Fräulein sag ich mal, im Kaschmir Pullover, klar. Sie sagt zu mir: Ach Sie riechen so gut. Und sie steckt ihre Nase beinahe ganz in meinen Ausschnitt. Aha denke ich. Mein Parfum heißt soundso sage ich, und dass sie es mit der Marke gar nicht versuchen braucht weil ja jeder anders riecht und ich hätte ja auch lang gesucht. A propos suchen.
Ich trage mein Käsereiben Anliegen vor. Sie trommelt alle Verkäuferinnen auf einen Haufen aber keine hat eine Idee, nicht mal eine Ahnung. Gehen Sie doch in das Geschäft nebenan meint die Chefin, der Herr kennt die *strasse wie sein Wohnzimmer. Aha, ich geh dann mal wieder sag ich, halte kurz inne und stelle mir die Strasse als Wohnzimmer vor.

Station III: Wäsche Geschäft
Nein, kein Wäsche, eigentlich ein Bettwäsche und Tischwäsche Geschäft. Sehr fein, sehr fein also ganz arg fein. Und der Mann hinter dem Tresen ist sensationell poliert, solarium gebräunt und gepflegt wie ein lockerfallendes Damasttischtuch. Er riecht und bewegt sich definiert. Die Haare etwas länger und jedes einzeln geschnitten. Ich bin schon fast etwas unredefähig. Er ist ja hier aufgewachsen meint er. Und er kennt ja die *strasse wie sein Wohnzimmer. Aha sage ich. Und er sagt: Ja, Alessi, die haben vielleicht so was. Und ich sag: nein, ich mein eher so was aus Plastik. Also mit Plastik sagt er kennt er sich gar nicht aus. Und er beschreibt mir 73-19 Stunden wo das Alessi Geschäft mit den Alessi Käsereiben ist, die ich gar nicht haben will und wie das hier früher war und warum - genau. Danke auch. Ist ja klar, dass hier niemand einkauft. Was wär wohl gewesen, wenn ich nach einem Topflappen gefragt hätte.

Station IV: Feinkostgeschäft
Eine Frau mit hochgestecktem blonden Haar steht da. Ach verzeihen Sie frage ich zwischen den Kisten von teurem Wein und ausgesuchtem Käse, ich suche eine Käsereibe. Sie ist Österreicherin und die sind bekanntlich Hotelarbeit gewohnt und kundenfreundlich. Na ja, mittelfreundlich. Sie hätte keine Ahnung, ihr Käse wird ja nicht gerieben sondern am Stück, wenn Sie wissen was ich meine und ich solle doch mal hinüber zu dem Herrenausstatter, der hätte auf dem Verkaufstresen eine italienische Kaffeemaschine stehen und vielleicht auch Käsereiben. Das erscheint mir eher unwahrscheinlich aber für die Auskunft bedanke ich mich freundlich und quere die Strasse wieder zurück.

Auf dem Straßenüberquerweg komme ich jedes Mal an einem nobligen Restaurant vorbei. Die Tische draußen sind alle besetzt, es ist ja Sommer. Die Gäste zwinkern mir irgendwann zu, als ich das xte mal an ihnen vorbeirenne, als ob ich vom Touristenamt bezahlt und die Lebendigkeit der Stadt repräsentierte.

Station V: Herrenausstatter
Hallo sag ich und der Herr sieht aus wie Dustin Hoffman. Oh ja, denk ich. Lecker. Er muss gehörig grinsen als ich frage, ob er Käsereiben verkauft. Nein, er hätte Armani und auch D&G. Andere Italiener folgen. Und die Kaffeemaschine frag ich ihn provokativ. Na die ist für die Kunden, die bekommen hier Kaffee. Aha. Aber keinen Reibekäse, ist schon klar und ich geh dann mal wieder sag ich und muss schon wieder bei diesem Restaurant vorbei. Hallo!

Station VI: Trauriges Laufen
Ich trottel so die Strasse entlang. Die ist doch recht lange wenn ich so überlege. Jetzt, da ich jeden Winkel kenne wie mein Wohnzimmer. Und leer an Käsereiben. Leerer als ich dachte. Ich frag die Bedienung von einem Café. Aber die hat auch keine Ahnung, also da wär ein Feinkost Italiener. Eine Strasse weiter. Ich find den nicht. Langsam werd ich wütend. Mein letzter Versuch ist eine italienische Fahne, die vor einem Geschäft in einiger Entfernung flattert. Ist zwar nicht mehr die *strasse aber das ist mir jetzt Scheißegal. Ich mach jetzt jemanden fertig. Ciao sag ich und trete ein.

Station VII: Ziel
Ungelogen: eine ganze Regalwand nur und einzig allein mit Plastik Käsereiben aus dem echten Italien. Wahnsinn. Ich freu mich ganz arg was den Italiener irritiert. Ich kauf gleich mehrere, man kann ja nie wissen. Und vielleicht brennt die Bude morgen ab und dann bekomm ich niemals mehr und nirgends in Berlin diese Käsereibe. Eigentlich würde ich am liebsten die ganze Wand eintüten lassen. Aber das geht ja nicht, sonst denken alle ich wär süchtig, Käsereiben süchtig und dann komm ich auf Käsereiben Entzug.

Weil ich mich so freue und das ist jetzt nicht geschwindelt, gehe ich den ganzen Weg zurück und zeige sie JEDEM mit dem ich Kontakt hatte auf der Suche nach der Reibe die bis dahin keiner je gesehen hat.
Der Cafébedienung, dem Herrenausstatter packe ich sie sogar aus und er will die auch haben, den Anzug Herrschaften in dem nobligen Restaurant, die da immer noch sitzen, der Tante aus dem Feinkost Laden, dem Wäscheverkäufer, den Kaschmirdamen und den Bewachern des Bvlgari Hauptquartiers.

Und wer wissen will, wo es die gibt – das weiß ich jetzt auch nicht mehr so genau. Einfach mal nachfragen bitte, in der *strasse.

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bittersweet choc - 1. Sep, 09:06

käsereiben aus der schlüterstrasse!

zu dem solariumsmann in der bett- und tischwäsche fällt mir ein, nein, fallen mir zwei schöne begriffe ein: tanorex und erst gestern gelernt: tanozid.

frau gitana, du solltest einen eigenen blog mit so hübschen geschichten machen.

la gitana - 1. Sep, 09:49

Ja du Liebe, genau. So heißt die Strasse.
Und nein, kein eigenes Blog. Ich darf beim NeoBazi schreiben. Aber es freut mich, dass du mir das zutraust. Ich nämlich nicht.
Au-lait - 1. Sep, 16:14

Die Einebnigkeit steht Ihrem Text famos, cara mia. Überhaupt: ***** Einen Haufen Sterntaler für diesen Text.

la gitana - 1. Sep, 18:58

Ole du bist einfach famos, wie ein Schafferl Wasser in der Wüste
Au-lait - 1. Sep, 21:22

Ich verdampfe oder vertrockne sofort in der Hitze? :)

la gitana - 1. Sep, 23:08

Con latte, du kompliziertes Mensch. Labsal hab ich gemeint. Was soll ich mit Fatamorganen fechten, jetzt, da es dunkel ist? Allein du willst eine Ebene No. 2. Und du denkst es ist die Zeit für Motten und Licht, die einen blind macht vor dem Ziel.
Leider koche ich die Erkenntnis immer schon zum Frühstück. Was ich dadurch alles verliere nicht wahr.
Au-lait - 2. Sep, 03:08

Kompliziert? Papperlapapp! Das scheint nur wie es wirkt, ist bei allem aber nicht. Ich fand die doppelte Perspektive nur lustig und habe mir den Spaß gemacht, die äußerst unewahrscheinlich gemeinte Perspektive fortzuspinnen. Ureigentlich bin ich ein erstaunlich unkomplizierter Mensch.
stilhäschen - 3. Sep, 10:54

Eine ganz wunderbare Geschichte! Geben Sie zu, Sie arbeiten in der Werbung. Seit der zweiten Station habe ich ein schmerzhaft dringendes Bedürfnis nach einer ordentlichen Käsereibe.
Wie konnte ich nur die ganze Zeit mit dem Mickerding von Tschibo zufrieden sein?
Auch ich bin sehr dafür, daß Sie hier nicht nur den Notnagel stellen. Wo muß man da unterschreiben?

la gitana - 3. Sep, 20:09

SIe meinen wegen der verfickten, auswendig runtergesagten Labeldichtung, deshalb die Werbung nicht wahr?
Nein, das BWL Diplom schläft seit der Überreichung. Mal ein Schläfer, der grad nix anstellt.
Mehr so Hospiz und Auffangen von Kindern, die durch alle Raster fallen.
stilhäschen - 7. Sep, 19:08

Oh nein, ich meinte, weil Sie mit diesem Text eben ein Bedürfnis geweckt haben, das ich nicht für möglich gehalten hätte (ich habe sogar schon in den örtlichen Boutiquen nachgesehen...).
Aber so sind Sie sicher noch besser aufgehoben. Weil sonst in jedem Haushalt noch mehr Unmengen nutzlosen Zeugs stünde, vor allem aber, weil das, was sie tun, wichtig ist und Sie es bestimmt sehr gut machen.

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Die Frage nach dem Sein.

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Die Beobachtungskamera.

Bist äigschloufm oda...
Bist äigschloufm oda wos? Iwarawal homa in easchdn...
fuxbeck - 1. Jun, 18:33
Nur zu. Immer her mit...
Nur zu. Immer her mit den Kommentaren - selbst wenns...
rationalstürmer - 2. Mär, 21:43
Das mit der Glaubwürdigkeit...
Das mit der Glaubwürdigkeit ist ja eh so eine Sache....
rationalstürmer - 2. Mär, 21:41
Ich hab einen Magen-Darm-Dings,...
Ich hab einen Magen-Darm-Dings, da ist mir ein bisserl...
rationalstürmer - 2. Mär, 21:38
Hahaha, Herr Passenger...
Hahaha, Herr Passenger ... das mit den eigenen Überzeugungen...
rationalstürmer - 2. Mär, 21:36
ja du lieber mein vater
In meiner Erregung sehe ich mich veranlasst, hier -...
Pecas - 2. Mär, 20:47
Das Interview interschien...
Das Interview interschien ja wohl zeitgleich mit der...
stilhäschen - 2. Mär, 20:12
Ach, jetzt bist du plötzlich...
Ach, jetzt bist du plötzlich wieder hier. Da kennt...
St. Burnster - 2. Mär, 20:00
Triebtäter
Forcierte Penisverlängerung (pro Demagogen-Verfassungsdisse rtations-Plagiatseite...
Pecas - 2. Mär, 07:36
Um treffend Lump geziehen...
Um treffend Lump geziehen zu werden, ist der Mann fraglos...
Fellow Passenger - 2. Mär, 01:48

Die immer müßige Suche nach weiteren Wahrheiten

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Dass ich nicht lache.

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Zuletzt aktualisiert: 1. Jun, 18:33

Die Mitschuldigen an dieser garstigen Sammlung von nachgemachtem Ausgekotzten.

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