Freitag, 6. April 2007

Mein Herze schwimmt im Blut. Fünfter Gesang

Auf diese Schmerzensreu fällt mir alsdenn dies Trostwort bei: (Johann Sebastian Bach, Mein Herze schwimmt im Blut. BWV 199. Recitativo)

Ohne Zweifel ist die Hoffnung die allerruchloseste und verkommenste Hure im lichterblinkenden Bordell der Erlösungsversprechungen. An Verführungskraft nicht zu übertreffen, offenbart sie sich zugleich als das gemeinste und verlogenste Trugbild, das aus dem bunten Panoptikum an Heimsuchungen und Höllenqualen, die das Dasein zu bieten hat, auf uns losgelassen wird.

Schön wie die vom Meerschaum umschmeichelte Venus im Augenblicke ihrer Geburt und von einer Verführungskraft, die uns jeden klaren Gedanken in Handumdrehen raubt, bietet sie uns immer gerade dann ihren paradiesischen Leib an, wenn uns das Leben gar keine andere Wahl mehr lässt, als auf sie hereinzufallen. Ertrinkenden gleich, denen noch die kleinste Planke des ohne uns in den Wellen versunkenen Schiffes die Aussicht auf Rettung verspricht, gleiten wir mit allerletzter Kraft auf sie und treiben mit ihr durch eine tosende See.

Und wie wundersam uns diese vermeintliche Rettung erscheint! Wie wir uns überfallen und gutgläubig betrügen lassen von den süßen Versprechungen, die sie uns mit Engelsstimme von glänzenden Lippen ins Ohr haucht. Wie wir sofort alles zu glauben bereit sind, was sie uns verspricht, wenn es uns nur ein bisschen näher an diesen betörenden und unheiligen Weiberleib bringt. Und tatsächlich, sie gibt sich uns hin, sie leckt uns mit gleichermaßen zarter und rauher Zunge die Tränen von den Wangen und vergräbt unser leidendes, sterbenstrauriges Gesicht zwischen ihren warmen und nach Milch duftenden Brüsten, sie hebt unseren von Todesahnungen erfüllten Kopf wie einen leeren Krug, den es zu füllen gilt, an dies sachte sich wiegende Wunder, sie nährt uns wie einen Säugling an ihren festen und fleischigen Knospen - "Trink! Trink!" - und stärkt uns solchermaßen für den Akt, den sie mit uns vorhat, bis wir uns wahrhaftig wieder bei Kräften fühlen und uns der Tücke ihrer Taten nicht gewahr sind. Ist es doch einzig und allein ihr Ziel, uns vollends auszuleeren, die letzten Zuckungen unseres kleinen Lebens in ihrem verwerflichen Schoß uns tun zu lassen. Und schon öffnet sie auch die Schranken ihrer Schenkel und geleitet unser brennendes Verlangen und das Beben unserer Lenden an den von Schatten spendenden Büschen gesäumten, kühlenden Brunnen ihrer glitzernden Wollust, deren süßes Gift bald Wirkung in uns zeigt. Oh, wenn das unser Untergang sein soll, dann wollen wir gerne derart versinken!

Und so treiben wir uns selbst immer tiefer hinab in den Schlund des Verderbens, immer heftiger hinein in dieses nasse Taufbecken unserer eigenen Kirche. Angestachelt, uns selbst zu vernichten von Händen, die überall auf unserer geschundenen Haut zu sein scheinen und von Augen, die uns auch einen Mord begehen lassen würden, spüren wir nicht, welche Saat wir da mit jedem Hinein und Heraus in dieser Schreckensfurche unterpflügen. Vor Geilheit schier von Sinnen und ohnmächtig, die Wahrheit zu erkennen, treiben wir schwitzend und stöhnend immer neue Nägel in dies willige, weiche Holz und sehen nicht, dass wir selbst es sind, die wir mit solchem Eifer ans Kreuz schlagen.

Das Ende jedoch, zu dem gebracht zu werden wir sie auch noch anbetteln, wenn sie uns schließlich reitet, den schwarzen Totenrössern heftig die Sporen gebend mit der ungeheuerlichen Kraft ihrer Schenkel, dieses Ende jedoch ist unser eigenes. Ein allerletztes Mal treibt sie die Lanze bis ans Ende des Schaftes in ihren heißen und schmatzenden Leib und lässt uns blutüberströmt zurück, den kochenden Samen unseres Untergangs noch in der dunklen Höhle ihres Bauches. Eiskalt ist ihr Blick und böse das Lächeln auf ihren Lippen in dem Moment, da wir, die Sinne schwinden uns bereits, die abschließenden Worte hören, die sie uns im Gehen hinwirft: "Auferstehung kostet extra, Schätzchen."

[Den ersten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den zweiten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den dritten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den vierten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]

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Opa Nietzsche-wo - 6. Apr, 18:32

Die Hoffnung ist der Regenbogen über dem herabstürzenden Bach des Lebens.

aber auch

Die Hoffnung ist ein viel größeres Stimulans des Lebens als irgendein Glück.

rationalstürmer - 6. Apr, 18:52

Auch das mag sein. So hat eben ein jeder seine eigenen Erfahrungen und seine eigenen Ansichten, da red ich niemand drein.
walhalladada - 6. Apr, 19:13

Auferstehung...

Ihre Thanatologik bestürzt, Herr Rationalstürmer!
Ich kann nur hoffen, dass KEINER dran glauben muss...

rationalstürmer - 6. Apr, 19:38

Wenn ich mir diese ersten fünf Gesänge so ansehe, dann muss ich zugeben, dass es mir ganz genauso geht. Das umso mehr, als ich für diese Beiträge bislang nicht wirklich viel nachdenken musste, sondern alles ziemlich schnell da war. Über den Stoff tatsächlich gelesen habe ich erst im Nachhinein.

Seien Sie dennoch unbesorgt, lieber Doktor. Wie ich zum Säufer gänzlich ungeschaffen bin, so tauge ich auch weder zum Mörder und wohl eher auch nicht zum Selbstentleiber. Freud selbst hat nicht recht an den Todestrieb glauben wollen und ihn als Spekulation bezeichnet, Elisabeth Kübler-Ross hat von fünf Phasen des Sterbens gesprochen, und dem Zimmermannssohn waren nur sieben letzte Worte vergönnt. Aber hier werden wirs ja mit acht Gesängen zu tun haben. Es stimmen also nicht mal die Zahlen.

Lassen Sie uns das als die - zugegeben etwas drastische - Essenz aus gewissen Lehren ansehen, die mir wichtig waren/sind.
lloverxer - 17. Feb, 19:19

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St. Burnster - 7. Apr, 20:39

Du lieber Himmel, jetzt ziehst du aber derbe vom Leder. Und weißt du, was du erreichst? Dass ich grad voll Bock auf Sex griag. Ich glaub, ich geh heut noch naus.

St. Burnster - 8. Apr, 02:48

Äh, ja, jetzt war ich doch nicht draußen, sondern hab was anderes gemacht.
http://blogread.de/item/82
rationalstürmer - 9. Apr, 20:03

Is mir auch so gangen, Burnstl, des mit dem Fickdrang. Aber so weit kammats no, dass i ma auf meine eigenen grauslign Gstanzln mei Birkerl durchwachln dad. Aussadem lasst se des a wegbetn.
dieJulia - 7. Apr, 22:35

Welcher unfaßbare Teufel, liebster Rationalstürmer, hat dich da geritten?

Das ist dermaßen großartig, daß ich so in diesen Zustand verfalle, in dem ich gleichzeitig lesen und schreiben möchte.

Bin ernsthaft zerbröselt. Man würd viel dafür geben, dir das Wasser reichen zu dürfen.

rationalstürmer - 9. Apr, 20:06

Gehweida Julie, und reiss di zamm! Du bringst einen alten Mann ja noch in Verlegenheit :-)
St. Burnster - 9. Apr, 23:08

Etz schiabs ned auf die Jule. Du bist schon lange in Verlegenheit.
rationalstürmer - 10. Apr, 18:08

Auch wahr. Hab ich vergessen. Verlegenheit macht Siebe. Oiso. Duad ma laad, liebste Julie. Waunst, i bitt goa schee, vümois entschuiding mechst.

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Bist äigschloufm oda...
Bist äigschloufm oda wos? Iwarawal homa in easchdn...
fuxbeck - 1. Jun, 18:33
Nur zu. Immer her mit...
Nur zu. Immer her mit den Kommentaren - selbst wenns...
rationalstürmer - 2. Mär, 21:43
Das mit der Glaubwürdigkeit...
Das mit der Glaubwürdigkeit ist ja eh so eine Sache....
rationalstürmer - 2. Mär, 21:41
Ich hab einen Magen-Darm-Dings,...
Ich hab einen Magen-Darm-Dings, da ist mir ein bisserl...
rationalstürmer - 2. Mär, 21:38
Hahaha, Herr Passenger...
Hahaha, Herr Passenger ... das mit den eigenen Überzeugungen...
rationalstürmer - 2. Mär, 21:36
ja du lieber mein vater
In meiner Erregung sehe ich mich veranlasst, hier -...
Pecas - 2. Mär, 20:47
Das Interview interschien...
Das Interview interschien ja wohl zeitgleich mit der...
stilhäschen - 2. Mär, 20:12
Ach, jetzt bist du plötzlich...
Ach, jetzt bist du plötzlich wieder hier. Da kennt...
St. Burnster - 2. Mär, 20:00
Triebtäter
Forcierte Penisverlängerung (pro Demagogen-Verfassungsdisse rtations-Plagiatseite...
Pecas - 2. Mär, 07:36
Um treffend Lump geziehen...
Um treffend Lump geziehen zu werden, ist der Mann fraglos...
Fellow Passenger - 2. Mär, 01:48

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