Mein Herze schwimmt im Blut. Siebenter Gesang
Ich lege mich in diese Wunden als in den rechten Felsenstein; Die sollen meine Ruhstatt sein. In diese will ich mich im Glauben schwingen und drauf vergnügt und fröhlich singen. (Johann Sebastian Bach, Mein Herze schwimmt im Blut. BWV 199. Recetativo)
Dabei muss ich sagen, dass sich mir der Brauch eines letzten Wunsches nie wirklich oder gar umfassend erschlossen hat. Es mag zum Ende hin eine tabula rasa, ein allerletztes Besenrein-Machen und Ausweisseln, ein unbefleckes Vermächtnis quasi, durchaus so manchen Zeitgenossen und ihrem schlechten kleinen Gewissen eine weihrauchdurchduftete Katharsis für ihr Exeunt corpus animaque bedeuten; Ich für meinen Teil jedoch vermag dem archaischen Ritus der Urfehde nichts abzugewinnen. Ich muss nicht eine Charta unterzeichnen, die für jetzt und alle Zeit einen Zustand zementiert, der regelt, welche Seite des Zaunes die meinige ist und welche die der Anderen, nur damit diese ihre Ruhe haben. Es reicht mir doch völlig zu sehen, dass der Zaun da ist um zu wissen, dass Trennung auch tatsächlich Trennung bedeutet. Die herablassende und menschenverachtende sogenannte Güte, mit der die Anderen mir auch noch ein Dokument darüber aushändigen, dass ich nicht mehr dazugehöre - sie stößt mich ab. Sie verursacht mir Abscheu. Ich brauche derlei nicht. Mein Blick ist immer noch scharf und mein Geist wach genug, dass ich begreife, auf welche Weise meine Ächtung vonstatten geht und welches ihr innerstes Wesen ist.
Zumal der letzte Wunsch doch einem in der Sache ganz und gar armseligen Glücksverständnis entspringt, nämlich einem, welches sich einzig und allein in dem Verlangen nach Wiederholung dessen erschöpft, was einer als schön empfindet. Aber ist dies nicht in Wahrheit ein bemitleidenswert dröges Immerzu-nur-Torte-fressen-Wollen, das erst bedenkt, wie dumm ein so oralprofanes Streben nach Glückseligkeit ist, wenn es entkräftet, leer und über und über besudelt von eigenem Erbrochenem über der stinkenden Abortschüssel hängt, in die es sich lange und lautstark übergeben hat? Verweist dies nicht auf eine ebenso geistlose wie sterbenslangweilige Vorstellung von Diskurssemantik, die kein Ende kennen noch wahrhaben will, die keinen anderen Beitrag leisten kann als die völlig inhaltsleere Phrase vom Was-ich-noch-zu-sagen-hätte, die - ohne es auch nur im Ansatz zu verstehen - das Bild der letzten Zigarette zum ungelenk zusammengeschraubten Perpetuum Mobile der eigenen Bedeutungslosigkeit macht und sich in diesem Laufrad auch noch mit der heiligen Wonne aller Unschuld totrennt? Die mit bewundernswert bornierter Einfalt negiert, dass man nun wahrlich nicht persönliche Bekanntschaft mit einem Glücksschmied geschlossen haben muss, um von seinem Hufeisen erschlagen werden zu können, wenn er es nur richtig geworfen hat?
Ich jedenfalls habe keinen letzten Wunsch. Warum sollte mir jetzt etwas erfüllt werden, das zu erreichen mir all die Jahre lang versagt und verboten war? Warum sollte ich jetzt, da alle Teile, die einmal mein Ich ausgemacht haben, sich in Auflösung befinden und allein zum Zwecke von irgend jemandes Seelenheil in Geiselhaft genommen werden, der mir zeitlebens verweigert hat, mich als den anzusehen, der ich wirklich war? Mit welcher Berechtigung verlangt einer nach einem Span von dem Kreuz, an dem ich mein Leben aushauchen werde, der sich zu gut oder zu feige oder beides zusammen war, auch nur einen einzigen Schritt des Weges zur Schädelstätte mit mir gemeinsam zu gehen?
Ich will mit offenen Wunden ins Grab gelegt werden, und wer sich solches nicht ansehen kann, den muss ich eben bitten, von Beileidsbezeugungen an meine Lieben Abstand zu nehmen und diese Gesellschaft nicht durch seine Anwesenheit zu entehren, sondern sein feines reines Gewissen und seinen ruhigen Schlaf weiterhin an den bekannten Vorverkaufsstellen zu erstehen, wo er auch sonst sein Geld für die Ablasszettelchen zum Eintritt ins verordnete Lügenparadies lässt.
[Den ersten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den zweiten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den dritten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den vierten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den fünften Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den sechsten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
Dabei muss ich sagen, dass sich mir der Brauch eines letzten Wunsches nie wirklich oder gar umfassend erschlossen hat. Es mag zum Ende hin eine tabula rasa, ein allerletztes Besenrein-Machen und Ausweisseln, ein unbefleckes Vermächtnis quasi, durchaus so manchen Zeitgenossen und ihrem schlechten kleinen Gewissen eine weihrauchdurchduftete Katharsis für ihr Exeunt corpus animaque bedeuten; Ich für meinen Teil jedoch vermag dem archaischen Ritus der Urfehde nichts abzugewinnen. Ich muss nicht eine Charta unterzeichnen, die für jetzt und alle Zeit einen Zustand zementiert, der regelt, welche Seite des Zaunes die meinige ist und welche die der Anderen, nur damit diese ihre Ruhe haben. Es reicht mir doch völlig zu sehen, dass der Zaun da ist um zu wissen, dass Trennung auch tatsächlich Trennung bedeutet. Die herablassende und menschenverachtende sogenannte Güte, mit der die Anderen mir auch noch ein Dokument darüber aushändigen, dass ich nicht mehr dazugehöre - sie stößt mich ab. Sie verursacht mir Abscheu. Ich brauche derlei nicht. Mein Blick ist immer noch scharf und mein Geist wach genug, dass ich begreife, auf welche Weise meine Ächtung vonstatten geht und welches ihr innerstes Wesen ist.
Zumal der letzte Wunsch doch einem in der Sache ganz und gar armseligen Glücksverständnis entspringt, nämlich einem, welches sich einzig und allein in dem Verlangen nach Wiederholung dessen erschöpft, was einer als schön empfindet. Aber ist dies nicht in Wahrheit ein bemitleidenswert dröges Immerzu-nur-Torte-fressen-Wollen, das erst bedenkt, wie dumm ein so oralprofanes Streben nach Glückseligkeit ist, wenn es entkräftet, leer und über und über besudelt von eigenem Erbrochenem über der stinkenden Abortschüssel hängt, in die es sich lange und lautstark übergeben hat? Verweist dies nicht auf eine ebenso geistlose wie sterbenslangweilige Vorstellung von Diskurssemantik, die kein Ende kennen noch wahrhaben will, die keinen anderen Beitrag leisten kann als die völlig inhaltsleere Phrase vom Was-ich-noch-zu-sagen-hätte, die - ohne es auch nur im Ansatz zu verstehen - das Bild der letzten Zigarette zum ungelenk zusammengeschraubten Perpetuum Mobile der eigenen Bedeutungslosigkeit macht und sich in diesem Laufrad auch noch mit der heiligen Wonne aller Unschuld totrennt? Die mit bewundernswert bornierter Einfalt negiert, dass man nun wahrlich nicht persönliche Bekanntschaft mit einem Glücksschmied geschlossen haben muss, um von seinem Hufeisen erschlagen werden zu können, wenn er es nur richtig geworfen hat?
Ich jedenfalls habe keinen letzten Wunsch. Warum sollte mir jetzt etwas erfüllt werden, das zu erreichen mir all die Jahre lang versagt und verboten war? Warum sollte ich jetzt, da alle Teile, die einmal mein Ich ausgemacht haben, sich in Auflösung befinden und allein zum Zwecke von irgend jemandes Seelenheil in Geiselhaft genommen werden, der mir zeitlebens verweigert hat, mich als den anzusehen, der ich wirklich war? Mit welcher Berechtigung verlangt einer nach einem Span von dem Kreuz, an dem ich mein Leben aushauchen werde, der sich zu gut oder zu feige oder beides zusammen war, auch nur einen einzigen Schritt des Weges zur Schädelstätte mit mir gemeinsam zu gehen?
Ich will mit offenen Wunden ins Grab gelegt werden, und wer sich solches nicht ansehen kann, den muss ich eben bitten, von Beileidsbezeugungen an meine Lieben Abstand zu nehmen und diese Gesellschaft nicht durch seine Anwesenheit zu entehren, sondern sein feines reines Gewissen und seinen ruhigen Schlaf weiterhin an den bekannten Vorverkaufsstellen zu erstehen, wo er auch sonst sein Geld für die Ablasszettelchen zum Eintritt ins verordnete Lügenparadies lässt.
[Den ersten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den zweiten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den dritten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den vierten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den fünften Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den sechsten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
rationalstürmer - 15. Apr, 13:22