Donnerstag, 19. April 2007

Mein Herze schwimmt im Blut. Achter und letzter Gesang

Wie freudig ist mein Herz, da Gott versöhnet ist. Und mir auf Reu und Leid nicht mehr die Seligkeit noch auch sein Herz verschließt. (Johann Sebastian Bach, Mein Herze schwimmt im Blut. BWV 199. Aria).

Exitus

Exitus. Es ist vorbei. Und obschon ich nicht genau sagen kann, wie es sich anfühlt, so weiß ich doch, dass es geschehen ist. Etwas, von dessen Essenz ich zwar keine exakte Kenntnis habe, dessen Nicht-mehr-Dasein ich aber so durchdringend wahr und geradezu körperlich spüren kann, dass sich die so entstandene Lücke wie ein großes Loch anfühlt, das man in mich hineingeschnitten hat, hat mich verlassen. Ohne Ankündigung und ganz langsam, ganz allmählich ist es aus mir gewichen. Fast unmerklich zuerst, wie eine blässliche Vorahnung, wie das unbestimmte Gefühl von Halsschmerzen, das man nach langen Spaziergängen mit viel zu dünnen Kleidern an klirrend kalten Wintertagen hat, wenn man wieder nach Hause kommt. Wenn man ganz genau weiß, dass Schal und Mütze eben doch das Richtige gewesen wären. Das Gefühl, das meist nur ein paar Stunden hält und von den ersten Schlucken heißen Tees von den entzündungsbereiten Mandeln fortgespült wird und an dessen Vorhandensein man sich schon tags darauf nicht einmal mehr richtig erinnern kann.

Als mir zum allerersten Mal tatsächlich bewusst wurde und ich den Mut gefasst hatte, der Wahrheit ins Auge zu sehen und anzuerkennen, dass da etwas ungeheuerlich Wichtiges sich auf den Weg fort aus mir zu machen im Begriffe war, hatte ich längst alle Gewalt darüber verloren, diesen Prozess noch aufzuhalten. Obwohl ich anfangs kaum Schmerzen oder Leid deswegen spürte, hatte sich der bevorstehende und zu diesem Zeitpunkt bereits unabänderlich gewordene Verlust schon seinen Weg quer durch mich gebahnt wie eine dieser heimtückischen und gnadenlosen Arten von Krebs, die erst diagnostiziert werden, wenn auch den besten Spezialisten keine andere Behandlung als das Morphium und den Angehörigen nur noch der Abschied bleibt.

Und so entschied ich mich, diesen Abschied von mir selbst anzunehmen und den Verlustmetastasen hinterherzuspüren, die in mir zu wuchern begonnen hatten und sich immer mehr anfühlten wie ein aufgeschossener Blumenkohl, folgte einem Schatten gleich, der ich selbst bald sein würde, ihrem emsigen Zerstörungs- und Entleerungswerk, zu dessen Verrichtung mein Herz sie vierundzwanzig Stunden am Tag und sieben Tage die Woche durch jede Zelle meiner immer weniger werdenden Existenz pumpte. Ich ging nicht mehr aus dem Haus, ich sprach mit niemandem mehr, ich hörte auf zu schlafen, ich war nur noch da, nur um nicht einen einzigen Augenblick dieser Auflösung zu versäumen. Ich verbrachte Wochen und Monate mit mir selbst. Bis ich zu der ebenso faszinierenden wie erschreckenden Erkenntnis gelangte, dass ich selbst, ich ganz alleine, nicht nur dafür verantwortlich war, dass diese Essenz - von der ich nach wie vor nicht wusste, wer oder was sie nun genau sei - sich zuerst in mir auflöste und schließlich mit jedem Blatt, das ich vom Kalender abriss, ein bisschen mehr aus mir verschwand. Wie der Krebs die eigenen Zellen zu in ihrem Treiben ganz und gar wahnsinnigen und gewissenlosen Brudermördern macht, so war auch ich zu meinem eigenen Kain, zu meinem eigenen Geschwür geworden und hatte begonnen, mich komplett und ohne die geringste Chance auf Rettung, Heilung oder Umkehr zu ruinieren. Ich hatte begonnen, von innen heraus zu sterben, und während sich diese Gewissheit in mir verfestigte, hatte ich nichts anderes zu tun, als mir selbst dabei zuzusehen. Denn seltsamerweise war genau dieses gebannte Zusehen und völlig tatenlose Ausharren das Morphium, mit dem ich die Schmerzen betäuben konnte, die nach einiger Zeit eben doch eingesetzt hatten und wie toll durch meine Eingeweide rasten und auf meine Gelenke einprügelten. Je mehr ich mich und meinen Untergang betrachtete, je genauer ich hinsah, je willentlicher ich mein ganzes Bewusstsein dem Zwang zur bloßen Beobachtung unterwarf, desto weniger tat mir weh. Und eines Tages sah ich, dass es gleich vorbei sein würde, dass da soeben die letzten Reste von mir selbst aus mir liefen und glucksend durch den rostigen Abfluss meiner Seele rannen. Ich hatte es hinter mir.

Wenn ich mich jetzt umsehe, dann fallen mir die weißen Wände um mich herum auf und die Struktur der frisch gestrichenen Rauhfaser. Ich bin sehr zufrieden damit, dass ich die Wohnung leergeräumt habe. Sicherlich wird auch jemand den schönen alten Tisch haben wollen, auf dem ich liege. Da ist zwar ein wenig Sehnsucht und Traurigkeit darüber in mir, dass meine Hand nun nicht mehr über die beinahe weiche Oberfläche streichen kann, die frisch gestrichenen Tapeten zueigen ist, und etwas von dem Geist, der ich jetzt bin, vermisst es, das warme Holz zu spüren, das unter mir ist. Aber es ist gut. Ich denke an ein Wort von Elisabeth Kübler-Ross, das ich vor nicht langer Zeit gelesen habe. "Eines weiß ich ganz bestimmt: Wir mögen nicht immer bekommen, was wir wollen. Aber wir bekommen immer das, was wir wirklich brauchen."

Etwas Besseres als den Tod hätte ich nicht finden können. Nicht in diesem Leben. Nicht in diesem Märchen.

[Den ersten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den zweiten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den dritten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den vierten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den fünften Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den sechsten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den siebenten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]

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Die Frage nach dem Sein.

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Bist äigschloufm oda...
Bist äigschloufm oda wos? Iwarawal homa in easchdn...
fuxbeck - 1. Jun, 18:33
Nur zu. Immer her mit...
Nur zu. Immer her mit den Kommentaren - selbst wenns...
rationalstürmer - 2. Mär, 21:43
Das mit der Glaubwürdigkeit...
Das mit der Glaubwürdigkeit ist ja eh so eine Sache....
rationalstürmer - 2. Mär, 21:41
Ich hab einen Magen-Darm-Dings,...
Ich hab einen Magen-Darm-Dings, da ist mir ein bisserl...
rationalstürmer - 2. Mär, 21:38
Hahaha, Herr Passenger...
Hahaha, Herr Passenger ... das mit den eigenen Überzeugungen...
rationalstürmer - 2. Mär, 21:36
ja du lieber mein vater
In meiner Erregung sehe ich mich veranlasst, hier -...
Pecas - 2. Mär, 20:47
Das Interview interschien...
Das Interview interschien ja wohl zeitgleich mit der...
stilhäschen - 2. Mär, 20:12
Ach, jetzt bist du plötzlich...
Ach, jetzt bist du plötzlich wieder hier. Da kennt...
St. Burnster - 2. Mär, 20:00
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Pecas - 2. Mär, 07:36
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Fellow Passenger - 2. Mär, 01:48

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Zuletzt aktualisiert: 1. Jun, 18:33

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